Eine Handvoll Fragen an Ein Quadratkilometer Bildung

GuteBildung ist die nachhaltigste Investition für ein selbstbestimmtes Leben. Ein Quadratkilometer Bildung (km2 Bildung) verfolgt das Ziel, allen Kindern und Jugendlichen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft eine chancengerechte Bildung zu ermöglichen. Um das Ziel zu erreichen, arbeitet km2 Bildung zusammen mit den lokalen Fach- und Leitungskräften von Bildungsanbieter*innen, kommunalen Entscheidungsträger*innen und Eltern an einer Verantwortungsgemeinschaft für gute Bildung – auch in herausfordernden Lagen. Die Pädagogische Werkstatt ist dabei der Netzwerkknoten, die Initiatorin und Impulsgeberin dieser Entwicklungsprozesse.

Wir sprachen mit Friederike Zenk, von der Stiftung km2 Bildung, zuständig für das Netzwerk und den Transfer und Mia Zickerow-Grund von der RAA Brandenburg, Leiterin der Pädagogischen Werkstatt in Fürstenwalde/Spree. Wir wollten von Ihnen erfahren, was die Zielstellung von km2 Bildung ist, wie die Einbettung der lokalen Bildungslandschaft in die kommunale Bildungslandschaft gelingen und wie man km2 Bildung für einen Sozialraum in herausfordernder Lage nutzen kann.

Kommunen

stärken

Impulse

geben

Vernetzung

fördern

Mit der Pädagogischen Werkstatt im Neuköllner Reuterkiez in Berlin startete 2007 der erste Programmort von km2 Bildung. An der Rütli-Schule wurde deutlich, dass Schule nicht immer den Herausforderungen des Sozialraums, der sie umgibt, gewachsen ist. Inzwischen ist die Gemeinschaftsschule auf dem Campus Rütli – CR2 entstanden, ein lebendiger und nachgefragter Schulstandort, zu dessen Entstehung die Pädagogische Werkstatt von km2 Bildung einen entscheidenden Beitrag geleistet hat.

In Trägerschaft der RAA Brandenburg arbeiten derzeit drei Pädagogische Werkstätten an drei Standorten: seit über 10 Jahren im Stadtteil “Nord” in Fürstenwalde, seit 2018 im Stadtteil “Hohenstücken” in Brandenburg a. d. Havel und seit 2023 im Stadtteil “Am Schlaatz” in Potsdam.
Gerade in den Stadtteilen, die vor großen Herausforderungen stehen, ist die sozialräumliche Arbeit rund um die Schlüsselgrundschulen besonders wichtig. Die Pädagogische Werkstatt ist dafür das Entwicklungszentrum und Herzstück des Bildungsnetzwerks von km2 Bildung. Hier kommen die Fachkräfte und Leitungskräfte aus den beteiligten Bildungseinrichtungen sowie die Eltern vor Ort zusammen, um den Leitgedanken von km2 Bildung mit Leben zu füllen. Unterstützt werden sie von den Leitungen der Pädagogischen Werkstätten. Sie koordinieren und moderieren das lokale Bildungsnetzwerk und begleiten und dokumentieren die Arbeitsprozesse. Das Bottom-Up-Prinzip steht dabei im Zentrum der Arbeit. Dennoch gibt es Leitfragen, nach denen die Pädagogischen Werkstätten arbeiten. Leitfragen sind z.B.

  • Wie können die Bildungsprozesse, insbesondere die Übergänge, so organisiert und qualitativ gestärkt werden, dass sie ineinandergreifen und zum Bildungserfolg der Kinder und Jugendlichen beitragen?
  • Welche (Förder-) Lücken fallen im Stadtteil ins Auge und bedürfen gemeinsamer Lösungen?
  • Wie kann eine kontinuierliche Elternarbeit und -beteiligung gestärkt werden?

Anlässlich der Jubiläums-Feier haben wir die Entwicklungen von km2 Bildung Fürstenwalde unter dem Motto: “10 Jahre und noch lange nicht genug!” vorgestellt. Genau dieses Motto zeichnet unsere Arbeit vor Ort aus. Hier wird nichts als ein endgültiges Ergebnis betrachtet, sondern als Etappe eines fortschreitenden Prozesses, der im Bildungsnetzwerk vorangebracht wird.
Dies funktioniert vor allem, weil die Schulleitung und die Leitung der Pädagogischen Werkstatt sehr offen, wertschätzend und strukturiert zusammenarbeiten und das Schulkollegium mitgenommen wird. Durch dieses kooperative Arbeiten konnten wir ein gemeinsames Wachsen der Schulgemeinschaft bewirken.

Auch die Zusammenarbeit mit dem Sozialraum findet auf dieser Basis statt. Durch die Erkenntnis, dass es notwendig ist, die Lebenswelten der Kinder besser zu kennen, wurde die Einbindung von außerschulischen Akteur*innen immer relevanter. So erfährt die Schule mehr über die Kinder und kann gleichzeitig abgestimmte Angebote entwickeln, die die Kinder im schulischen und im außerschulischen Rahmen erreichen. Neben den Kooperationspartnern werden auch Kinder und deren Familien partizipativ beteiligt.

Darüber hinaus ist die langfristige Finanzierung, die über 10 Jahre läuft, ein Erfolgsfaktor für km2 Bildung. In dieser Zeit kann ausprobiert werden, Prozesse können längerfristig angeschoben werden, Scheitern ist erlaubt. Und gleichzeitig ist es möglich, mit einer gesicherten Grundfinanzierung weitere Mittel bedarfsbezogen zu akquirieren.

Mit besonderem Stolz erfüllt uns, dass wir den Transfer in die gesamte Stadt geschafft haben. In den einzelnen Arbeitsgruppen sitzen mittlerweile Akteur*innen aus ganz Fürstenwalde. Angebote zum Übergang von der Kita zur Grundschule und von der Grundschule zur weiterführenden Schule sowie zu Inklusion und Integration finden stadtweit statt. Außerdem stehen Kommune und Politik hinter km2 Bildung, was eine große Unterstützung ist.

Mit dem Landkreis Oder-Spree wurde im Rahmen des Projektes Bildungskommune eine Kooperationsvereinbarung geschlossen mit dem Ziel, ein datenbasiertes, kommunales Bildungsmanagement im Landkreis Oder-Spree aufzubauen und einzurichten. Hierbei geht es darum, die interkommunale Zusammenarbeit in Bildungsfragen zu verbessern, sich gemeinsam mit Bildungsherausforderungen auseinanderzusetzen und Lösungen dafür zu finden und Kooperations- und Netzwerkstrukturen unterschiedlicher Bildungsakteure zu stärken.
Eine jährlich stattfindende Bildungskonferenz beleuchtet diese Themen anhand von km2 Bildung Fürstenwalde. In den letzten drei Jahren ging es um Schnittstellen in der Bildung, die Übergänge von KiTa in die Grundschule, von der Grundschule in die weiterführenden Schulen und der Übergang in die berufliche Bildung oder Studium.

Zur Gründung eines Programmortes von km2 Bildung und einer Pädagogischen Werkstatt müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Im Zentrum steht eine sogenannte Schlüsselgrundschule, die in einem Stadtteil mit besonderen Herausforderungen liegt – der beispielsweise von Armutssegregation betroffen ist, einen besonders großen Zuzug durch Migration erlebt oder einen schwachen gesellschaftlichen Zusammenhalt erfährt.
  • Die Akteur*innen des Sozialraums rund um die Schlüsselschule sind offen dafür, für eine chancengerechtere Gestaltung von Bildung neue Wege zu gehen. Darüber hinaus sind die Leitungskräfte der Schule, der Kitas und Horte und der anderen Bildungsinstitutionen im Quartier mehrheitlich bereit, sich mit eigenen Ideen, Initiativen, Inhalten und Ressourcen in ein entstehendes Netzwerk einzubringen.
  • Auch die Kommune sollte im Rahmen ihrer Möglichkeiten, zum Beispiel durch die Bereitstellung von Räumen, Personal oder Unterstützung der Koordinierung die Arbeit der Pädagogischen Werkstatt unterstützen.
© kobra.net

Wenn Einigkeit zwischen den grundlegenden Akteur*innen über die Umsetzung von km2 Bildung besteht und diese in einem Kooperationsvertrag festgehalten wurde, kann es losgehen: Mit dem Einsatz der Leitung der Pädagogischen Werkstatt und dem Finden und Ausstatten der Räumlichkeiten sind die ersten Schritte für den Aufbau der Pädagogischen Werkstatt und des Netzwerkes getan.


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